40 Jahre Künstlerhilfe. Seit 1981.

40 Jahre Künstlerhilfe –
Jubiläumsfeier im Städel

Förderung junger Kunstschaffender: Engagement vom Feinsten

Von Uwe Kammann

„Wir tun, was wir können, damit die Künstlerinnen und Künstler tun können, was sie können“: Ein besseres Motto könnte die Künstlerhilfe Frankfurt nicht über ihre Arbeit stellen. Mit der sie seit nun vier Jahrzehnten das tut, was sie als Schwerpunkt in ihrer Jubiliäumsbroschüre so beschreibt: nämlich speziell die jungen Absolventen der beiden Kunsthochschulen der Region – der Städelschule in Frankfurt und der Hochschule für Gestaltung in Offenbach – gerade in der schwierigen Übergangsphase nach dem Ende des Studiums mit Jahresstipendien („eine Art Anschubfinanzierung“) zu fördern.

Warum wir das tun?, so fragt der Kunsthistoriker und -vermittler Andreas Bee in seinem gewichtigen Jubiläumsbeitrag unter dem Titel „40 Jahre Kraftvergeudung“ fast rhetorisch, um dann umgehend die zentrale Antwort zu geben: „Weil wir froh und stolz sind, dass wir in einer Stadt mit einem außergewöhnlich reichen Kunst- und Kulturangebot zu Hause sind, weil wir möchten, dass dies so bleibt und dass sich die Bedingungen für die Künstlerinnen und Künstler möglichst noch verbessern“, durchaus mit einem klaren regionalen Bezug (selbst der Vergleich mit „unseren“ Fußballern ist da erlaubt).

Diese Kernaussage wurde bei der Jubiläumsfeier im lässig-spätsommerlichen Städelgarten und im angrenzenden Metzlersaal mit seinen illusionsimprägnierten Vorhangwänden – vor zehn Jahren durch Thomas Demand herbeigezaubert – vielfach variiert. Und dies in dreifacher Einkreisung durch Kulturdezernentin Ina Hartwig, durch Städeldirektor Philipp Demandt (der beim Amtsantritt vor fünf Jahren das 2011 entstandene Demand-Werk also schon vorfand) und durch Guido Hettinger, den jetzigen Vorstandsvorsitzenden der Künstlerhilfe Frankfurt. Zuvor hatten dem Wirken der bürgerschaftlichen Institution auf ehrenamtlicher Basis sieben Vorgänger die jeweiligen Konturen verliehen, in enger Zusammenarbeit mit den weiteren sechs Vorstandsmitgliedern; und natürlich mit dem Kuratorium, das derzeit acht renommierte Köpfe der Kunstszene umfasst, darunter wiederum Städel-Boss Philipp Demandt, Kunstvereins-Chefin Franziska Nori und Thomas Rehberger, 1992 selbst Stipendiat der Künstlerhilfe, inzwischen einer der Top-Stars der internationalen Kunstwelt.

Für Ina Hartwig ist dieser Name – so wie auch derjenige des gerade wieder in Österreich ausgezeichneten Gerald Domenig, Stipendiat im Jahr 1982 – ein Beleg dafür, dass mit der Liste der Stipendiaten geradezu ein Who is Who erfolgreich geförderter Künstlerinnen und Künstler aufgestellt werden könnte, auch über das Regionale hinaus. Ein Verdienst der Künstlerhilfe sei dabei nicht nur, als „Netzwerk und Förderer“ der heimischen Kunstszene „unerlässlich“ zu sein, sondern auch, mit ihren vielfältigen weiteren Aktivitäten „auf allen Ebenen der Gesellschaft“ eine Rolle zu spielen, keineswegs also lediglich einer privilegierten Schicht zu dienen.

Und diese wichtige Funktion nehme sie wahr, während sich die Kultur in der Rhein-Main-Region ständig weiter entwickele. „Davon profitieren wir alle“, betonte die Kulturdezernentin, mit klarem Blick auf das „kreative Potential“, das so gehoben und befördert werde.

Natürlich erwähnte sie auch die zusätzlichen Aktionen, die in der überaus schwierigen Corona-Zeit besonders für Künstlerinnen und Künstler für Überbrückungen gesorgt hätten, in willkommener Ergänzung beispielsweise zum Hilfsprogramm aus dem eigenen Haus – auch dies ein Beleg für den gerade in Frankfurt beheimateten „engagierten Bürgersinn“.

Auch Städel-Direktor Philipp Demandt umspielte in seinem Grußwort mit Verweisen auf vergangene und gegenwärtige Gesten die „schöne Kultur des Stiftens“ in der Stadt, ein gesellschaftliches Vermögen („Charaktereigenschaft der Frankfurter Bürger“), das auch für künftige Entwicklungsperspektiven des Städel Museums („haben uns für die moderne Kunst viel vorgenommen“) von großer Bedeutung sei.

Über die äußere Umgestaltung des Hauses – zu erahnen ist die Konzeption des bis zum nächsten Sommer entstehenden neuen Gartens hinter den allgegenwärtigen Sichtzäunen in keinerlei Weise, lediglich Erdhügel sind zu sehen (Demandt mit lächelnder Ironie: „Truppenübungsplatz“) – verriet der Direktor nichts. Selbst Andeutungen waren nicht zu vernehmen, außer, dass es eine neue Lichtgestaltung geben und ein Geier den Skulpturenpark zieren soll.

Immerhin, nachträglich erfuhr FeuilletonFrankfurt auf Anfrage, dass es sich beim aktuell erworbenen Großvogel um eine Skulptur des dänisch-norwegischen Künstlerduos Elmgreen und Dragset handelt. (Beide haben für den Aasfresser anscheinend etwas übrig, schon vor einigen Jahren ließen sie ihn über einem leeren Kinderbett hocken.) Zu „gegebenem Zeitpunkt“, so beschied die Städel-Kommunikationschefin ergänzend, werde man das Drum und Dran der äußeren Umgestaltung „kommunizieren“ – sprich: Einzelheiten zum „Platzierungskonzept“ und zur künftigen Gartengestaltung der Öffentlichkeit sichtbar machen.

An anderer Stelle des Jubiläumsabends war noch voller Stolz betont worden, wie Berlin das hiesige Frankfurt um das spürbare Engagement der Stadtgesellschaft beneide. Da mag sich bei manchem Beobachter der Szenerien die Anmerkung einstellen: Eine solche Geheimniskrämerei hat es bei den vielfältigen Berliner Planungen für Museumsbauten nie gegeben, ganz im Gegenteil. Und: Auch bei der derzeitig laufenden Neugestaltung der Städel-Räume für die Alten Meister (vornehmlich Farbgebung und Lichtgestaltung) gibt sich das Haus wortkarg, das hauseigene Demandt-Interview auf der Homepage („Hinter den Kulissen“) lässt zu dieser Renovierung nach nur zehn Jahren allzu viele Fragen offen.

Doch zurück zum festlichen Jubiläumsabend, der im nun schon lange fertigen Verbindungsgarten zur Städelschule en passant noch einmal zeigt, mit welch’ wunderbarem Einfall das heimische Architektenbüro schneider+schumacher die unterirdischen Ausstellungsräume für die Moderne mit dem darüberliegenden Rasen zur integralen Doppelseite einer hochkarätigen Münze gemacht hat. Sanft leuchtete das Licht durch die Bullaugen, sanft schmiegte sich die mittlere Erhebung in die Augen: Einen schöneren, einen heitereren Rahmen konnte sich die Festgesellschaft nicht wünschen; die vielleicht auch deshalb bei den Ansprachen nur in Teilscharen wieder in den Metzler-Saal gewechselt war, in ihren üblichen Alltagsgeschäften übrigens leicht zu erkennen: Künstler kleiden sich wie Künstler, Förderer zeigen gerne, dass sie Förderer sind.

Im Saal also, als Dritter im Bunde, ließ Guido Hettinger als Jubiläums-Gastgeber erst einmal mit einem Zitat schmunzeln, nämlich einem Gedicht von Robert Gernhardt zum Kunstwillen und Kunstschaffen auf „dünnem Eis“ (suchendes Googeln sei empfohlen), um dann noch einmal den ernsten und nun über vier Jahrzehnte verlässlich und erfolgreich verfolgten Kern der Aktivitäten der Künstlerhilfe Frankfurt zu umreißen: fokussiert auf das große Ziel, über die finanziellen Hilfen (die ja auch in vielerlei indirekter Form Anerkennung bedeuteten) „Selbstvertrauen“ zu schaffen. Beim früheren Direktor des Museums für Moderne Kunst, Jean-Christophe Ammann, lieh er sich ein Fundamentalzitat aus: „Künstler sind das Salz in der Suppe“, eine Feststellung, der in der Festschrift auf rotem Grund der programmatische Nachsatz folgt: „Die Frankfurter Künstlerhilfe stellt Weichen für die Zukunft“.

Ohnehin, es lohnt sich sehr, die üppig bebilderte Festschrift zu studieren, weil leicht zu erkennen ist, wie vielfältig sich das Engagement der Künstlerhilfe – die mit einer Reihe anderer Unternehmen und Initiativen verknüpft ist, vom Lions Club über die Bethmann-Bank und die Crespo-Fondation bis hin zur Deutschen Börse – in diesem Netz auffächert, wie vielgestaltig die Aktivitäten sind, bis zu Reisen und Verkaufsauktionen. Immer mit dem Blick auf das, was Peter Gorschlüter, Direktor des Folkwang-Museums in Essen (zuletzt stellvertretender Direktor des MMK), so kurz wie richtig in seinem Grußzitat ausdrückt: „Was nützen einem die schönsten Museen und Ausstellungshäuser in einer Stadt ohne Künstler?“

Apropos, Künstler: An einem der weißbespannten Stehtische der Gartenparty wurde mit schmunzelnder Zustimmung vermerkt, dass der Zeitgeist die K-Hilfe offensichtlich noch nicht geküsst hat. Denn sie kommt in ihrem traditionellen Namen noch ganz ohne Gendersternchen, -doppelpunkt oder Binnen-I aus. Dem Fördergedanken, so die Schlussfolgerung, hat dieses Festhalten am Tradierten bislang keinerlei Abbruch getan. Die lange Liste der Stipendiaten, ziemlich gleichmäßig weiblich und männlich verteilt, belegt es auf den ersten, zweiten und dritten Blick.

Erschienen in dem Kulturportal: www.feuilletonfrankfurt.de